Antisemitische Boykottmuster gegen linke Clubs und Veranstaltungsorte

Antisemitische Boykottmuster gegen linke/linksradikale/linksalternative subkulturelle Clubs und Veranstaltungsorte

Wir dokumentieren hiermit das Statement des Conne Island (Leipzig) gegen Boykottversuche:

“09.08.2024

Boykott Conne Island? – Warum sich die Veranstaltungsabsagen häufen

Wir wenden uns mit diesem Text an euch, um unsere Situation als Veranstaltungsort – vertreten durch das offene Montagsplenum, das im Konsensprinzip über die Belange des Conne Islands entscheidet – zu schildern.
Anlass dafür sind die zahlreichen Veranstaltungs- und Künstler:innenabsagen, die uns seit dem 07. Oktober 2023 erreichen.
Diese Absagen können auf verschiedene gegen uns gerichtete Boykottaufrufe und -kampagnen zurückgeführt werden.
Die Narrative, die uns dabei entgegengehalten werden, behaupten, dass wir rassistische Ansichten vertreten würden, dass wir keine Palästinenser:innen auf unserer Bühne oder unserem Gelände dulden würden, dass wir AfD-nahen Personen eine Bühne bieten würden und dass wir aktiv für die israelischen Streitkräfte (IDF) rekrutieren würden. Worauf sich diese Narrative (vermeintlich) beziehen, darauf möchten wir in diesem Text an späterer Stelle noch einmal genauer eingehen.

Das Conne Island hat nur ein Statement kurz nach dem 7. Oktober veröffentlicht, das auf Grundlage bestehender Beschlüsse im Conne Island verfasst wurde. Siehe: https://conne-island.de/news/279.html

Grundsätzlich sind das Conne Island und Antisemitismuskritik seit über 30 Jahren miteinander verwoben. Daraus resultierte auch unser seit langem bestehender Minimalkonsens, dass das Existenzrecht Israels als einzigen jüdischen Staat nicht diskutabel ist.
Das bedeutet nicht, dass wir die aktuelle Politik der Netanyahu-Regierung oder die Kriegshandlungen in Israel, Gaza und der Westbank gutheißen. Zu diesen Themen gibt es auch im Conne Island verschiedene Positionen, weshalb wir mit diesem Text auch keine geopolitische Einschätzung davon vornehmen können und wollen.
Gleichzeitig wollen wir aber ein Raum sein, in dem diese Themen verhandelt/diskutiert werden können, um uns mit unterschiedlichen Positionen auseinandersetzen zu können.

Seit dem 7. Oktober haben mehr als 13 Acts ihre Auftritte im Conne Island abgesagt:

– 22.10.2023 High Vis
– 24.11.2023 Lust for Youth
– 30.11.2023 Rotten Mind
– 14.12.2023 Slow Pulp
– 15.03.2024 Life Force
– 29.05.2024 Pkew Pkew Pkew
– 31.05.2024 Lovefoxy
– 01.06.2024 Elias Mazian
– 22.06.2024 Byron Yeates
– 26.06.2024 Truth Cult
– 05.08.2024 Coffin
– 05.10.2024 TR/ST
– 06.10.2024 Jen Razavi
– 23.11.2024 The Chats

Bei den hier genannten handelt es sich nur um die Veranstaltungen und Mainacts, die explizit aus den genannten Gründen abgesagt haben. Hinzu kommen Veranstaltungen, die einem sog. „silent boycott“ (Absage oder Verlegung aus vermeintlichen anderen Gründen, ausbleibende Anfragen ans Conne Island, keine Antworten von Künstler:innen und Agenturen) zum Opfer fallen. Hier können wir nur vermuten, wieviele Shows deshalb nicht bei uns stattfinden konnten. Ebenso können wir nur schätzen, wieviele Besucher:innen, Arbeitsaufträge und schlicht Umsatz damit verloren gingen. Aber wir können eines sagen: es macht sich bemerkbar und bringt das Conne Island nicht nur in finanzielle Schwierigkeiten.

Oft sagen Acts oder Agenturen schnell ab, ohne dass wir die Chance auf eine Kommunikation haben. Der Trend geht zum einen zur kommentarlosen Absage und gleichzeitig wird ein Klima erzeugt, dass alle Beteiligten einen gefestigten Standpunkt zu sehr komplexen Vorgängen haben müssen. Der wertvolle Weg der Diskursführung hin zur Positionsfindung wird dabei übergangen und komplexe Zusammenhänge werden so vereinfacht dargestellt, sodass sie in die eigene (autoritäre) Argumentationsstruktur passen. Wir sind der Meinung, dass gerade dieses Verhalten wenig den Leuten hilft, die unter jeglicher Form von Unterdrückung leiden, sondern vor allem der Selbstinszenierung von (Internet-) Aktivist:innen dient. Das Vorgehen des Boykotts bleibt dabei stets dasselbe: sobald ein Act in unseren Lineups auftaucht wird dieser (meist über Social Media) kontaktiert und über die schon genannten Narrative „in Kenntnis gesetzt“. Die Nachrichten, die dabei kursieren werden meist einfach per copy+paste weiterverbreitet und enthalten neben diversen Falschaussagen auch scheinbare Quellenverweise, die allerdings meist auf die ursprünglichen Boykottseiten verweisen, die die gleichen Unwahrheiten widerspiegeln. Begleitet wird dies von mehr oder weniger subtilen Einschüchterungen und Drohungen, dass die Acts mit Absagen an anderen Orten zu rechnen haben, sollten sie sich doch entscheiden im Conne Island zu spielen. So berichtete uns eine Künstlerin von massiven Bedrohungen nach der Ankündigung ihrer Show bei uns. Einer anderen Künstlerin hingegen wurden nach dem Auftritt im Conne Island weitere Shows ihrer Tour abgesagt und sie kurzerhand vom Line Up gestrichen.

Als Beleg für die Narrative werden vor allem vier Dinge herangezogen, auf die wir etwas genauer eingehen wollen:

1. “recruting for IDF”

Bei besagtem Text handelt es sich um einen Meinungsbeitrag, der von einer Privatperson in unserem Newsflyer CEEIEH im März 2015 (also vor über neun Jahren!) veröffentlicht wurde. Darin beschreibt die Person ihren Aufenthalt in Israel bei dem Freiwilligendienst Sar-El. Dieser Text wird von Boykottunterstützer:innen als Rekrutierungsversuch vonseiten des Conne Islands umgedeutet. Dem ist entgegenzuhalten, dass das CEEIEH zwar ein Medium des Conne Islands ist, aber nicht die Meinung des Conne Islands oder des Plenums repräsentiert. Vielmehr sollen hier auch Diskussionsbeiträge Platz finden. So auch in diesem Fall, bei dem in der Folgeausgabe eine Kritik an dem genannten Text veröffentlicht wurde (https://conne-island.de/nf/222/20.html).

2. „racist towards Palestinians“

Dem Conne Island wird von Boykottunterstützer:innen unterstellt sich gegenüber Palästinenser:innen rassistisch zu verhalten, ihnen den Zutritt zu verweigern bzw. „pro-palästinensische“ Acts zu canceln. Diese Behauptungen beziehen sich oft auf das „Kufiyah-Verbot“ (s. Punkt 3) oder sind schlichtweg erfunden. Wir verweigern niemandem aufgrund von Herkunft, Religion oder ethnischer Zuschreibungen den Zugang. Bei uns treten auch Künstler:innen auf, die selbst Palästinenser:innen sind oder sich mit ihnen solidarisch verstehen.

3. Das Kufiyah-Verbot

Die Tatsachen, dass das Tragen der Kufiyah (auch „Palituch“ genannt) auf unserem Gelände nicht erwünscht ist, sorgte schon in der Vergangenheit dafür, dass uns antimuslimischer, antiarabischer oder antipalästinensicher Rassismus unterstellt wurde. Das sogenannte Palituch ist unserer Ansicht nach im Kontext des israelisch-palästinensischen Konflikts mit Ausgrenzung, Gewalt und Diskriminierung verbunden, weshalb es im Conne Island seit vielen Jahren nicht gestattet ist dieses zu tragen. Eine exemplarische Einordnung solcher Vorwürfe und unserer policy in deutscher und englischer Sprache findet man unter: https://www.instagram.com/p/C9PQAKKsAaK/

4. Nähe zur AfD

Zu guter Letzt werden dem Conne Island immer wieder Sympathien für die Partei AfD unterstellt. Diese werden notdürftig mit einem Vortrag von Thomas Maul am 28.05.2018 begründet. Zwei Wochen vor der Veranstaltung bezog sich der Referent positiv auf eine Aussage eines AfD-Abgeordneten. Dies wurde auch im Conne Island sehr kritisch aufgenommen, die Veranstaltung wurde trotz interner Uneinigkeit durchgeführt. Die Hintergründe dazu lassen sich hier nachlesen: https://conne-island.de/nf/251/4.html. Interne Kritik wurde z.B. im CEEIEH formuliert: https://conne-island.de/nf/250/3.html. Das Conne Island versteht sich seit seiner Gründung als linkes und antifaschistisches Kulturzentrum und versucht seit seinem Bestehen einen Gegenpol zum grassierenden Rassismus, Nationalismus und rechten Strukturen (insbesondere in Ostdeutschland) zu bilden. Dass eine kontroverse Veranstaltung, die vor mehr als sechs Jahren bei uns stattfand, diese ganzen Bestrebungen nun negieren soll, lässt uns ratlos zurück.

Um es in aller Deutlichkeit zu sagen: Das Conne Island hat eine klar antifaschistische, antirassistische und antisexistische Ausrichtung und wir engagieren uns seit nunmehr drei Jahrzehnten in diesen Bereichen. Mit Blick auf die Landtagswahl im September ist zu befürchten, dass die AfD stärkste Kraft wird. Dies würde bedeuten, dass unserer Arbeit von rechten und konservativen Kräften weitere Steine in den Weg gelegt werden. Wir grenzen uns also klar von rechten Parteien und Strömungen ab.

Boykottkampagnen und -aufrufe gegen das Conne Island haben das Ziel uns als Veranstaltungsort mit politischem Anspruch den größtmöglichen Schaden zuzufügen. Wo wir von den Akteuren des Boykotts als politischer Gegner ausgemacht werden, geht es nicht mehr um die argumentative Auseinandersetzung. Es geht um unsere kulturelle und materielle Existenz. Und leider müssen wir und andere Veranstaltungsorte in Deutschland feststellen, dass diese Bestrebungen zu oft erfolgreich sind. Darin sehen wir auch die Künstler:innen und Agenturen als leidtragend an, da sie in den Einschüchterungen des Boykotts auch ihre Existenzgrundlage bedroht sehen müssen. Wir wünschen uns eine Veränderung des aktuellen Diskurses hin zu mehr Dialog, Selbstreflexion und gegenseitigem Respekt.

Welche Künstler:innen von uns eingeladen werden, entscheiden wir basisdemokratisch unter Berücksichtigung der oben genannten politischen Standards. Wir bieten den Künstler:innen und Agenturen den Dialog an, auch wenn er mühsam, nervenaufreibend und langwierig sein kann. Solche konstruktiven Gespräche mit Künstler:innen wurden bereits geführt und beide Parteien waren danach froh an der Veranstaltung festgehalten zu haben. Aus dieser Erfahrung wissen wir, dass im Dialog zwar Differenzen bleiben, man aber trotzdem eine gemeinsame Basis finden kann.

Weiterführende Infos zu BDS: https://conne-island.de/news/215.html”

Quelle: https://conne-island.de/news/285.html

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“09.08.2024

Boycott Conne Island? – Why cancellations have been accumulating

With this text, we are reaching out to you to explain our situation as a venue – represented by the open plenum on Mondays, which makes decisions concerning Conne Island consensually. The reasons therefore are the heaps of cancellations of events and by artists, that have been reaching us since October 7th 2023. These refusals can be traced back to different calls and campaigns for boycott against us. The accusations directed at us claim that we would hold racist views, that we wouldn’t allow Palestinians on our stage or our premises, that we would endorse people close to AfD and would actively recruit staff/soldiers for the Israeli Defense Forces (IDF). Later on in this text, we will expand on how these narratives came about.

Conne Island has released just one statement shortly after October 7th, that was written on the basis of current resolutions at our venue (https://conne-island.de/news/279.html).

Fundamentally, Conne Island and the critique of antisemitism have been interrelated for more than 30 years. This resulted in our long-standing consensus: that the right for Israel to exist as the only Jewish state is indisputable. That doesn’t mean that we affirm the current policies and acts of war by the current Netanyahu regime in Israel, Gaza and the Westbank. Within Conne Island, there are different positions on these topics, which is why we can’t and won’t formulate any geopolitical assessments in this text. On the other hand, we want to be a space in which these topics can be discussed and we can deal with different positions.

Since October 7th, more than 13 acts have cancelled their gigs at Conne Island:

– October 22nd, 2023: High Vis
– November 24th, 2023: Lust for Youth
– November 30th, 2023: Rotten Mind
– December 14th, 2023: Slow Pulp
– March 15th, 2024: Life Force
– May 29th, 2024: Pkew Pkew Pkew
– May 31st, 2024: Lovefoxy
– June 1st, 2024: Elias Mazian
– June 22nd, 2024: Byron Yeates
– June 26th, 2024: Truth Cult
– August 5th, 2024: Coffin
– October 5th, 2024: TR/ST
– October 6th, 2024: Jen Razavi
– November 23rd, 2024: The Chats

The events and main acts mentioned here are just the ones that cancelled because of the reasons mentioned above. Other events have fallen victim to a so-called ‚silent boycott (cancellations or relocation due to supposed other reasons, absent requests for gigs at Conne Island and unanswered E-Mails from artists and agencies). We can only assume how many shows haven’t taken place at our venue. Also, we can only presume how many guests, work assignments – and simply revenue – have been consequently lost. But we can say one thing for sure: It’s been taking a toll on us, not just financially.

Often, acts or agencies cancel their gigs without giving us a chance of communication. There is a trend towards cancellations without comments or reasons. Simultaneously, a climate has been produced that forces people into taking a stance to highly complex processes. The valuable path of discourse towards finding a position is bypassed and complex contexts are presented in a simplified way so that they fit into one’s own (authoritarian) argumentation structure. We are of the opinion that this behavior does little to help people who suffer from any form of oppression, but serves above all the self-dramatization of (internet) activists. The boycott procedure always remains the same: as soon as an act appears in our lineups, they are contacted (usually via social media) and ‘informed’ on the aforementioned narratives. The messages that circulate are usually simply copied and pasted and contain various false statements as well as apparent source references, which, however, usually refer to the original boycott pages that reflect the same lies. This is accompanied by more or less subtle intimidation and threats, saying the acts will have to expect cancellations at other venues if they decide to play at Conne Island after all. One artist told us about massive threats after announcing her show at our venue. Another artist had further shows on her tour cancelled after her performance at Conne Island and was removed from the line-up without further ado.

Three things in particular are used as evidence for the narrative, which we would like to look at in detail:

1. “recruting for IDF”

The text in question is an opinion piece published by a private individual in our news flyer CEEIEH in March 2015 (i.e. over nine years ago!). In it, the person describes their stay in Israel with the Sar-El volunteer service. This text is reinterpreted by boycott supporters as a recruitment attempt by Conne Island. It should be noted that although the CEEIEH is a Conne Island medium, it does not represent the opinion of Conne Island or the plenum. Rather, there should also be room for contributions to the discussion. This was also the case here, where a criticism of the aforementioned text was published in the subsequent issue (https://conne-island.de/nf/222/20.html).

2. „racist towards Palestinians“

Boycott supporters accuse Conne Island of behaving in a racist manner towards Palestinians, refusing them entry or canceling “pro-Palestinian” acts. These allegations often refer to the ‘Kufiyah ban’ (see point 3) or are simply made up. We do not deny acccess to anyone on the basis of origin, religion or ethnicity. We also feature artists who are Palestinian themselves or who are in solidarity with them.

3. The ‚Kufiyah ban‘

The fact that wearing the kufiyah (also known as ‘pali scarf’) is not permitted on our premises has already led to accusations of anti-Muslim, anti-Arab or anti-Palestinian racism in the past. In our opinion, the so-called ‘pali scarf’ is associated with exclusion, violence and discrimination in the context of the Israeli-Palestinian conflict, which is why it has not been allowed at Conne Island for many years. An exemplary classification of such accusations and our policy in German and English can be found here: https://www.instagram.com/p/C9PQAKKsAaK/

4. Affirmation of AfD

Last but not least, Conne Island has repeatedly been accused of sympathizing with the AfD party. This is still being justified in a makeshift manner with a lecture by Thomas Maul on May 28th, 2018. Two weeks before the event, the speaker referred positively to a statement by an AfD member of parliament. This was also received very critically at Conne Island, and the event was held despite internal disagreement. The context can be found here: https://conne-island.de/nf/251/4.html. Internal criticism was formulated in the CEEIEH, for example: https://conne-island.de/nf/250/3.html. Since its founding, Conne Island has been a left-wing and anti-fascist cultural center and has been trying to form a counterpoint to rampant racism, nationalism and right-wing structures (especially in East Germany). The fact that a controversial event that took place here more than six years ago is now supposed to negate all these efforts leaves us perplexed.

To put it bluntly: Conne Island has a clear anti-fascist, anti-racist and anti-sexist position and we have been active in these areas for three decades now. In view of the elections in Saxony in September, it is to be feared that the AfD will become the strongest party. This would mean that further obstacles would be placed in our way by right-wing and conservative forces. We therefor clearly distance ourselves from right-wing parties and movements.

Boycott campaigns and calls against Conne Island aim to inflict the greatest possible damage on us as a venue with political aspirations. When we are identified as a political opponent by those involved in the boycott, it isn’t about argumentative debate anymore. It’s about our cultural and material existence. And unfortunately, we and other venues in Germany are finding that these efforts are too often successful. We also know the artists and agencies are suffering, as their livelihoods are also threatened by the intimidation of boycott. We would like to see a change in the current discourse towards more dialog, self-reflection and mutual respect.

We decide which artists we invite on a grassroots democratic basis, taking into account the political standards mentioned above. We offer dialog to artists and agencies, even if it can be tedious, nerve-wracking and lengthy. Such constructive discussions with artists have already been held and both parties were happy to have stuck with the event afterwards. From this experience, we know that although differences remain in dialog, it is still possible to find common ground.

Further information on BDS (in German): https://conne-island.de/news/215.html”

Origin: https://conne-island.de/news/286.html

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Wtf??? Wth?!?
“Kauft nicht bei Juden”?
Verpisst Euch Antisemiten.