Dokumentierte Rede von MK zum
Supernova Festival (2023) auf der Fuckparade 2024 in Berlin
Siehe:
“Rede zum Nova-Festival
Publiziert am 7. Oktober 2024 von Martin Kliehm
Geiseln vom Nova-Festival
Eden Yerushalmi, Hersh Goldberg-Polin, Ori Danino, Carmel Gat, Alexander Lobanov und Almog Sarusi (von oben links nach unten rechts). Quelle: Hostages and Missing Families Forum
Kontext: Rede auf der Fuckparade in Berlin am Samstag, den 14. September 2024, bei der ich Anmelder und verantwortlicher Leiter war.
Die Fuckparade hat 2003 demonstriert vor der Französischen Botschaft gegen den Polizeieinsatz beim Teknival in der Bretagne, bei dem 28 Personen verletzt wurden, vier von ihnen schwer. Einem Raver wurde die Hand abgerissen durch eine Offensivgranate der Polizei.
Wir haben damals gefordert: Keine Knüppel und Granaten gegen tanzende Jugendliche, nicht in Frankreich oder anderswo!
Die Fuckparade hat 2005 demonstriert vor der Tschechischen Botschaft gegen den Polizeieinsatz bei CzechTek, bei dem es hunderte Verletzte gab, viele von ihnen wurden schwer verletzt.
Die Polizei setzte Wasserwerfer ein, Räumpanzer, Helikopter im Tiefflug und ging mit unglaublicher Brutalität vor.
Wir haben dagegen demonstriert.
Vor bald einem Jahr haben Terroristen der Hamas das Supernova-Festival in Israel angegriffen. Sie haben dabei 364 Raver:innen ermordet, gefoltert und setzten gezielt sexualisierte Gewalt ein. Vierzig von ihnen wurden als Geiseln entführt.
Und jetzt höre ich Relativierungen wie Israel ist doch so weit weg, was geht uns das an oder aber man muss doch beide Seiten sehen!.
Warum soll eigentlich unsere Solidarität bei israelischen Raver:innen anders sein als bei französischen und tschechischen?
Wir können auf der Fuckparade in einer Rede von fünf Minuten Länge nicht den Nahost-Konflikt lösen und wir können da unterschiedlicher Meinung sein.
Darum werde ich mich ausschließlich auf das Nova-Festival beziehen.
Aber…
Ich erwarte, dass auf der Fuckparade Konsens besteht, dass es scheiße ist, Tanzende abzuschlachten!
Tanzende zu ermorden ist kein Freiheitskampf!
Ich erwarte von linken Menschen, die auf Demos gegen das iranische Regime Jin, Jiyan, Azadi! – Frau, Leben, Freiheit! – rufen, dass sie die Rechte von Frauen überall anerkennen und sexualisierte Gewalt grundsätzlich ablehnen!
Ich erwarte von feministischen Menschen, dass sie allen Opfern von sexualisierter Gewalt Glauben schenken und keine Täter-Opfer-Umkehr betreiben! Kein me too, unless you are a Jew!
Ich erwarte von Menschen, die sich gegen Rassismus einsetzen, dass sie auch nicht pauschal alle Jüdinnen und Juden verantwortlich machen für die Politik in Israel, denn das ist einfach antisemitisch!
Zur Zeit vergeht keine Woche ohne Anschlag auf jüdisches Leben in Deutschland!
In Israel demonstrieren zur Zeit Hunderttausende gegen die Politik von Ministerpräsident Netanjahu. Das Wort, das man dabei gerade am häufigsten hört, ist „slicha“ – Entschuldigung.
Entschuldigt, dass der Rave einen Tag länger ging als geplant.
Entschuldigt, dass die korrupte Rechts-Regierung die meisten Soldat:innen von der Grenze zu Gaza abgezogen hat, um die Sukkot-Feiern von Siedlern im Westjordanland zu schützen.
Entschuldigt, dass Militär, Polizei und Geheimdienst versagt haben, Euch zu schützen oder zu warnen.
Obwohl sie von Anschlagsplänen schon mehrere Stunden zuvor wussten, haben sie den Organisatoren des Festivals nicht Bescheid gegeben.
Entschuldigt, dass es 330 Tage nach Eurer Geiselnahme noch immer nicht zu einem Deal zu Eurer Befreiung kam.
Aber wer Geiseln nach 330 Tagen während Verhandlungen erschießt, möchte vielleicht gar keinen Deal…
Die Hamas hat vor wenigen Tagen sechs Geiseln erschossen, fünf davon waren auf dem Nova-Festival:
Slicha, Eden Yerushalmi, 24.
Du verbrachtest die Sommertage am liebsten am Strand, gingst Tanzen und machtest eine Ausbildung zur Pilates-Trainerin. Als Du am 31. August erschossen aufgefunden wurdest, wogst Du nur noch 36 Kilo.
Slicha, Hersh-Goldberg-Polin, 23. Während des Massakers auf dem Nova-Festival wurde Dein Arm verletzt und später im Gaza amputiert. Aber Du lebtest noch! Bis Ende August.
Du wurdest in Kalifornien geboren, lebtest in Jerusalem und setztest Dich stets für den Frieden ein und dass Jerusalem eine Stadt für alle Menschen sei!
Das hat die Hamas nicht interessiert.
Slicha, Ori Danino, 25. Du warst schon entkommen, bist aber nochmal zum Nova-Gelände zurückgekehrt, um Deine drei Freunde zu retten. Ihr alle wurdet von Hamas-Terroristen entführt.
Du wolltest Deine Freundin Liel heiraten und Elektrotechnik studieren. Ende August wurdest Du aus nächster Nähe erschossen, als Du Deine Mitgefangenen schützen wolltest, darunter auch Carmel Gat, 40, Beschäftigungstherapeutin aus Tel Aviv.
Slicha, Alexander Lobanov, 32. Du hast als Bar-Manager auf dem Nova-Festival gearbeitet und wirst Deinen fünf Monate alten Sohn Kai und Deinen zweijährigen Sohn Tom nie wieder sehen.
Slicha, Almog Sarusi, 27. Du warst ein lebhafter, positiver Mensch, der es liebte, im Jeep mit seiner Gitarre durch Israel zu reisen. Du warst mit Deiner großen Liebe, Shachar, zum Tanzen auf dem Nova-Rave. Als Shachar bei dem Überfall von Hamas-Terroristen angeschossen wurde, bliebst Du an ihrer Seite und versuchtest, ihr Leben zu retten, bis die Hamas Dich verschleppten.
Stand heute sind noch 101 Geiseln, darunter 18 Geiseln vom Nova-Festival, in der Hand der Hamas. Slicha.
Am Israel Chai.”!
Quelle: https://kliehm.de/blog/2024-10-07/nova-festival/
Word.
Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.
Free all!