Mehr zum Schweigen des Großteils der sog. Clubszene

Wat is normal?

Hiermit dokumentieren wir:

“Das Schweigen der Clubszene zum Terror

“DJs for Palestine”? Normal

24. Oktober 2023, 16:14 Uhr”

Aus: Süddeutsche Zeitung (SZ) online

“Die Clubszene schweigt auffallend laut zum Gemetzel der Hamas – aber wurde denn nicht ihre eigene Kultur angegriffen? Ein Gespräch mit dem Antisemitismusforscher Jakob Baier.

Interview von Juliane Liebert”

Quelle: https://www.sueddeutsche.de/kultur/clubszene-antisemitismus-hamas-israel-1.6292615

“Das Massaker beim Supernova-Sukkot-Gathering-Festival im Kibbuz Re’im, bei dem Terroristen der Hamas mindestens 260 Menschen getötet und vermutlich mehr als 100 entführt haben, ist gut zwei Wochen her, doch bisher haben sich bis auf wenige Ausnahmen kaum große Berliner Clubs geäußert.
Auch im Rest der Szene ist es auffallend still. Eigentlich untypisch.
Bei den Angriffen auf Clubs etwa in Tiflis hatten sich noch viele DJs solidarisiert. Woher kommt das Schweigen?
Jakob Baier forscht an der Universität Bielefeld unter anderem zum Thema Antisemitismus in subkulturellen Milieus.

SZ: Herr Baier, was ist aktuell los in der Clubszene?

Jakob Baier: In den vergangenen zehn Jahren gab es eine stetige Normalisierung des Antizionismus in subkulturellen Räumen. Vorangetrieben wurde diese Entwicklung von Kampagnen wie “DJs for Palestine”, hinter denen sich 2018 teils namhafte DJs versammelten, etwa Ben UFO oder The Blessed Madonna. Das heißt, wir haben es momentan nicht mit einem grundlegend neuen Phänomen zu tun. Es tritt dieser Tage nur verstärkt an die Oberfläche und ist immer deutlicher antisemitisch grundiert.

Die Grundstimmung gibt es also schon länger?

Ja, und sie hat bereits vorher die subkulturellen Räume geprägt. Die BDS-Bewegung und die mit ihr assoziierten Künstlerinnen, Künstler und Kollektive haben es in den vergangenen Jahren geschafft, weitere Künstlerinnen und Künstler für sich zu gewinnen und andere einzuschüchtern. Es gab in der Vergangenheit immer wieder Kampagnen, wie etwa 2018 gegen das Meteor-Festival in Israel.

Wen treffen diese Kampagnen?

Bislang traf es vor allem DJs, die in Israel auftraten oder dies planten. Aber auch israelische DJs, die außerhalb Israels performen, geraten zusehends ins Visier – und zwar unabhängig von ihrer politischen Haltung. Es kam in den vergangenen Jahren bereits zur Absage von Auftritten israelischer DJs, weil antizionistische Akteure die Clubs unter Druck setzten und so eine Absage erreichten. Israelische DJs halten sich mit öffentlichen Äußerungen darüber zurück – auch weil sie Angst vor Nachahmern haben.

Bislang haben sich nur einige wenige Clubs wie “://about blank” und Holzmarkt zur Gewalt geäußert. Warum verweigert eine sich als inklusiv verstehende Clubszene den Juden die Solidarität, wenn diese verfolgt werden?

Ich frage mich, ob sie sich des Antisemitismus-Problems ernsthaft bewusst sind. Einen solchen Eindruck gewinnt man zumindest auf vielen Partys. Dort hängen Awareness-Flyer, auf denen steht: “Wir tolerieren keine Form von Rassismus, Sexismus, Transfeindlichkeit, Homophobie.” Und was fehlt? Antisemitismus. Jüdinnen und Juden sind die am längsten und gewaltvollste verfolgte Minderheit in der Geschichte, zumal in der deutschen. Aber die dezidierte Ablehnung dieser menschenfeindlichen Ideologie fehlt auf diesen Flyern. Es gibt also augenscheinlich einen blinden Fleck bezüglich des Antisemitismus.

Woran liegt das?

Zum einen verstehen sich Clubs als links, weltoffen und antirassistisch. Dieses Selbstverständnis, verstärkt durch das Gefühl, grundsätzlich auf der moralisch guten Seite zu stehen, kann eine selbstreflexive Auseinandersetzung mit antisemitischen Ressentiments im eigenen Milieu erschweren. Zum anderen wird Antisemitismus fälschlicherweise häufig als eine Form von Rassismus subsumiert. Es wird also erklärt: Wir sind ja gegen Rassismus und deswegen auch gegen Antisemitismus. Aber antisemitisches Denken erfolgt entlang anderer psychodynamischer Prämissen. Zwar sind Rassismus und Antisemitismus in ihrer historischen Entwicklung eng miteinander verwoben. Anders als beim Rassismus geht Antisemitismus jedoch nicht nur mit der Vorstellung einher, dass Juden minderwertig sind, sondern sie erscheinen auch zugleich als übermächtig. Das ist die Ambivalenz, die den Antisemitismus kennzeichnet. Wenn man aber sagt: “Wir sind ja gegen den rassistischen Antisemitismus”, dann betrifft dies nur eine Dimension des Antisemitismus. Und dabei geraten die Erscheinungsformen aus dem Blick, die nicht dem völkischen Rasseantisemitismus entsprechen – insbesondere der verschwörungsideologische, muslimische und der israelbezogene Antisemitismus. Das erklärt den blinden Fleck bezüglich der heute virulentesten Formen des Antisemitismus. Davon abgesehen haben die Leute auch einfach Angst. Ich muss sagen, dass ich das Statement der Clubkommission am Ende für ziemlich mutlos hielt.

Warum?

Sie haben sich erst nach einigen Tagen geäußert. In ihrem Post thematisierten sie einzig die Angriffe auf das Supernova-Sukkot-Gathering-Festival und nicht den antisemitischen Pogrom in seiner Gesamtheit. Stattdessen gibt es dann einen Aufruf zu Menschlichkeit, Solidarität und Frieden. Aber für wen eigentlich? Zudem war ich irritiert über Instagram-Posts von Lewamm Ghebremariam, einer der Geschäftsführerinnen der Clubkommission. Darin wurden die Anschläge der Hamas auf israelische Zivilistinnen und Zivilisten zu einem Akt des Widerstands verklärt.

Wie kann es denn sein, dass man so ein Gemetzel als Widerstand feiert?

In den vergangenen Jahren wurde durch antizionistische Akteure im Kultursektor die Vorstellung verbreitet, Israel sei ein Überbleibsel des Kolonialismus. Zudem ist dies seit Jahren ein zentrales Motiv in der Programmatik von israelfeindlichen Boykott-Bewegungen, wie etwa BDS. Eine der wiederkehrenden Behauptungen ist, dass es sich beim Zionismus, also der jüdischen Emanzipations- und Nationalbewegung, um eine im Kern rassistische Ideologie handeln würde. Dabei wird versucht, den Zionismus mit Rassismus gleichzusetzen und Israel als koloniales Gebilde zu diffamieren. Menschen, die Israel auf diese Weise dämonisieren und die vielen historischen Ungerechtigkeiten auf den jüdischen Staat projizieren, sind scheinbar eher dazu geneigt, die Gräueltaten der Hamas gegen israelische Zivilistinnen und Zivilisten zum Widerstand umzudeuten und auf diese Weise zu legitimieren.

Es gibt Gerüchte, dass das Berliner Nachtleben finanziell gerade nicht gut dasteht und viele Clubs Probleme haben. Glauben Sie, das ist einer der Gründe, warum viele Betreiber sich nicht äußern?
Die Clubs leiden unter den Folgen der Pandemie und der Inflation. Mit Blick auf die Normalisierung antizionistischer Positionen im Kultursektor fragen sich Leute, ob sie sich öffentlich solidarisch mit den Opfern des antisemitischen Terrors erklären sollten. Nicht wenige befürchten, dass sie deshalb zur Zielscheibe einer öffentlichen Kampagne werden könnten. Bevor man das Risiko eingeht, schweigt man lieber.

Eigentlich wollten ja Berliner Clubs vor allen Dingen utopische Inseln sein – oder haben sich als inklusive Orte begriffen.
Ich möchte der Clubkultur nicht ihr subversives und progressives Potenzial absprechen. Aber ich frage mich: Für wen sind diese Orte denn inklusiv? Wer kommt in den Genuss dieser Privilegien? Wie viele arabische Jugendliche und junge Erwachsene kommen etwa in die Clubs rein? Und für wen sind Clubs denn wirklich Safe Spaces? Auch für Jüdinnen und Juden, die Israel nicht ablehnen? Die Idee, dass man im Kleinen, also im Club, etwas schaffen kann, das gesamtgesellschaftlich nicht erreicht ist, halte ich für in Teilen naiv. Auf diese Vorstellung trifft man auch in anderen Bereichen der Kultur, wie zuletzt bei der Documenta fifteen. Mit der Safe-Space-Ideologie geht häufig eine Infantilisierung des Diskurses einher. Man möchte sagen können, was man will, und tun, wonach einem gerade ist. Wenn Leute von außen kommen und Kritik üben, dann zeigt man sich persönlich verletzt. Mitglieder von Ruangrupa gaben sich bei der Debatte um die Documenta am Anfang unwissend und behaupteten, lernen zu wollen. Am Ende reagierten sie wütend und beleidigt. Und sie wehrten die berechtigte Kritik am Antisemitismus auf der Kunstschau ab, indem sie sie als rassistische Praxis bezeichneten. Kurz nach den Anschlägen in Israel likten sie dann das Video einer Demonstration in Neukölln, bei der Menschen den Pogrom der Hamas bejubelten.

Gerade der Slogan “Free Palestine” ist aktuell allgegenwärtig.

Dieser “Free Palestine”-Aktivismus, den man schon kurz nach den Anschlägen in sozialen Medien beobachten konnte, ist popkulturell aufgeladen. “Free Palestine” ist nicht nur eine beliebige Maxime. Die Formel fungiert in bestimmten linken Milieus als kultureller Code, hinter dem sich ein ganzes Bündel an Haltungen verbirgt. Vor einigen Jahren veröffentlichte das Kollektiv “Room 4 Resistance” ein Statement, in dem sie sinngemäß sagten: Wir verstehen uns als queerfeministisch, transpositiv, sexpositiv, antifaschistisch, antikolonialistisch, antikapitalistisch, Anti-Apartheid – und eben deswegen sind wir für die Belange der Palästinenserinnen und Palästinenser. Das zeigt, dass eine solche Parteinahme in diesen subkulturellen Milieus projektiv mit einem ganzen Wertekanon beladen ist.

Die Hamas ist nicht besonders queerfeministisch.

In der Gemeinschaftsvorstellung der Hamas haben nicht-heterosexuelle Menschen keinen Platz. Unter der Herrschaft der Terrorgruppe müssen queere Menschen um ihr Leben fürchten. Aber auch abseits islamistischer Milieus sind die Zustimmungswerte in muslimisch geprägten Gesellschaften zur Freiheit der Sexualität nicht besonders hoch.
Offensichtlich handelt es sich um eine Form der Projektion, die sich vor den tatsächlichen Verhältnissen verschließt.”

Vgl.: https://archive.ph/lRYeV

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Siehe auch:

“Linker Antisemitismus

Linke ohne Leitplanken

Viele postkoloniale Linke weltweit stellen sich auf die Seite der Palästinenser. Manche verharmlosen oder bejubeln dabei den Terror. In Deutschland ist die linke Szene zerrissen.

Ein Artikel von Jean-Philipp Baeck und Christian Jakob
28.10.2023, 18:56 Uhr”

Aus: taz online, die Tageszeitung


Die Rote Flora im Hamburger Schanzenviertel kommentiert das Weltgeschehen gern mit großformatigen Parolen an ihrer Fassade. Nach dem Terroranschlag der Hamas vom 7. Oktober drückte das linke Zentrum so auch seine Solidarität mit Jü­d:in­nen weltweit aus: „Killing Jews is not fighting for freedom“ stand dort geschrieben, in großen schwarzen Lettern auf weißem Grund, und kleiner: „Wir sind solidarisch mit allen Menschen in Israel und allen Juden und Jüdinnen auf der Welt.“ Eine Absage an linke Verklärung der Hamas-Morde als Befreiungskampf.

Immer wieder hatte die Hamburger Polizei in der Vergangenheit Statements an der Flora-Wand übermalt, weil ihr die Botschaften nicht passten. In der Nacht zum Donnerstag vergangener Woche aber waren andere am Werk: Unbekannte ändern den Schriftzug per Sprühdose und Überklebungen in: „Killing humans is not fighting for freedom“. Die Solidaritätsadresse wurde erweitert um die Palästinenser:innen, die im neuen Nahost-Krieg sterben. Später wurden die Wörter „Jüdinnen und Juden“ ganz getilgt.

Der Plakat-Streit in Hamburg steht beispielhaft für die Zerrissenheit der Linken. Eine Debatte ist wieder aufgebrochen, die die Szene in Deutschland schon nach dem Anschlag auf das World Trade Center 2001 gespalten hatte. Damals war die Auseinandersetzung mehr als nur ein Streit zwischen antiimperialistisch Denkenden – die sich dem Globalen Süden verpflichtet fühlen – und Antideutschen, für die die Shoah zentraler Bezugspunkt ist und die Israel deshalb besondere Solidarität entgegenbringen. Und sie weitete sich auf die gesamte linke Szene aus.

Heute ist sie noch unübersichtlicher. Häufig geprägt von den Postcolonial Studies gibt es viele, die der Meinung sind, es stehe ihnen nicht zu, darüber zu urteilen, auf welche Weise andere Widerstand leisteten – das sagte die schwarze US-Aktivistin Aja Monet. Auf Instagram, Twitter, Facebook und Tiktok bejubeln manche Linke den Hamas-Terror – oder wollen ihn nicht verurteilen, wie etwa der griechische Ex-Finanzminister Yanis Varoufakis: Wer versuche, ihm eine Verurteilung der Hamas-Guerilla zu entlocken, „wird sie nie bekommen“, schrieb er. Das Problem sei die „Apartheid, die die Gewalt hervorruft“, so Varoufakis.

Und dann gibt es jene Linken, für die – mit Blick auf die Geschichte –, klar ist: „We stand with Israel“.

Dieser Streit zeigt sich seit dem 7. Oktober im gesamten Westen. Allerdings nicht als innerlinke Diskussion. Denn Solidarität mit Israel von nicht-jüdischen Linken ist, von wenigen Ausnahmen abgesehen, ein Phänomen im deutschsprachigen Raum. International hingegen stellen sich linke Aktivist:innen, progressive Aka­de­mi­ke­r:in­nen und postkolonial Denkende im Kunstbetrieb meist an die Seite der Palästinenser:innen. Und bei einigen endet dies in einer Glorifizierung der Gräueltaten der Hamas.

Shahak Shapira, Comedian, über den aktuellen Nahost-Diskurs
„Juden sind dann plötzlich Neonazis“

Als der israelisch-deutsche Comedian Shahak Shapira wenige Tage nach dem Hamas-Anschlag eine „Special Show“ aufführt, listet er zu Beginn Dinge auf, auf die sich alle einigen sollten: „Palästinenser:innen sind nicht die Hamas. Muslime keine Terroristen. Israelis sind nicht die Israelische Regierung. Juden sind keine White Supremacists. Die Hamas ist eine Terrororganisation. Sie steht dem Frieden im Weg. Siedlungen sind schlecht und stehen dem Frieden im Weg.“

Derartige Leitplanken finden sich selten in aktuellen linken Debatten. Shapira ist Enkel eines Holocaust-Überlebenden, wuchs die erste Hälfte seines Lebens in einer israelischen Siedlung im Westjordanland auf, die andere Hälfte in Sachsen-Anhalt. Dort wurde er von Neonazis angegriffen.

„Ich habe mich in den letzten Tagen von einigen Menschen entfernt, die sich als links bezeichnen würden“, sagt Shapira der wochentaz. Er verstehe nicht, wieso so unverblümt von einem „Genozid“ an den Palästinensern gesprochen werde. „Werden Palästinenser unterdrückt? Absolut. Nicht nur von Israel. Werden sie systematisch ermordet, mit der Absicht, sie zu vernichten? Nein.“ In den meisten Fällen folge dem Genozid-Vorwurf ein Holocaustvergleich. „Juden sind dann plötzlich Neonazis“, so Shapira. Damit würde dann auch die Gewalt legitimiert. In eine ähnliche Richtung geht es für ihn, wenn junge Deutsche „Free Palestine from german guilt“ rufen, wie es kürzlich auf einer Mahnwache vor dem Auswärtigen Amt in Berlin zu hören war. Sie würden sich des moralischen Kompasses entledigen wollen, der nach der Shoah entstanden sei.

„Da werden Häuser in Berlin mit Davidsternen markiert und mir wird vorgeworfen, ein Nazi zu sein“, sagt Shapira. Infam sei der Vorwurf vieler Linker, Israel sei im Nahen Osten eine „weiße Siedler-Kolonie Nicht-Indigener“: „Viele Israelis haben einen jemenitischen, marokkanischen oder arabischen Hintergrund.“ Zu Ende gedacht heiße das, Israel solle nicht existieren.

Eine, die die Lage in Gaza einen „Genozid“ nennt, ist die deutsch-türkische Journalistin Kübra Gümüşay. „Yet another genocide, happening in front of our eyes“, schrieb die Autorin und einstige taz-Kolumnistin auf Instagram. Gümüşay bewegt sich heute vor allem in Debatten außerhalb Deutschlands, ist Gastrednerin auf internationalen Konferenzen und an Universitäten. Dort ist diese Ansicht weit verbreitet – in Deutschland löst sie Kritik aus.

Mit „another“ habe sie sich auf die jüngsten Vertreibungen Aserbaidschans im armenischen Bergkarabach bezogen, schreibt Gümüşay auf Anfrage der wochentaz. Für die Einstufung des israelischen Vorgehens als „Genozid“ gebe es „zahlreiche juristische Analysen international angesehener Institutionen und Expert*innen“. Gümüşay stellt das, was die Menschen in Israel erleiden mussten, neben das, was die Menschen in Gaza nun erleiden müssen: „Der Angriff der Hamas vom 7. Oktober war ein Mord an mehr als tausend Menschen, die aus dem Leben gerissen worden sind, weil sie Bür­ge­r*in­nen Israels sind. Seit Tagen werden nun Tausende Zi­vi­lis­t*in­nen aus dem Leben gerissen, weil sie in Gaza nicht die Möglichkeit haben, sich vor den Bombenangriffen in Schutz zu bringen.“ Darauf hinzuweisen, betone die Notwendigkeit der Einhaltung des Völkerrechts, „auch bei Verteidigungsangriffen“, so Gümüşay.

Vergangenen Sonntag in Berlin: Über 10.000 Menschen gehen in Solidarität mit Israel auf die Straße. Es ist ein breites Bündnis, Red­ne­r:in­nen aller demokratischen Parteien sprechen. Blau-weiße Flaggen wehen vor dem Brandenburger Tor und fast noch mehr von der iranischen Opposition. Mit dabei ist Markus Tervooren. Er ist Geschäftsführer des Berliner VVN-BDA, der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes. Tervooren trägt die Fahne seines Verbandes. Selbstverständlich ist das nicht: Der traditionslinke VVN-BDA galt lange als nicht Israel-solidarisch. „Auch bei uns gehen die Diskussionen weiter“, sagt Tervooren. Der 7. Oktober sei ein Einschnitt gewesen. Er wisse von vielen Mitgliedern, die danach ihre Solidarität demonstrieren wollten. „Wir wurden von Widerstandskämpfern und Holocaust-Überlebenden gegründet. Viele haben auch familiäre Verbindungen nach Israel.“

Tervooren ärgert sich über einige der linken Reaktionen auf das Massaker der Hamas. „Es hätte erst mal darum gehen müssen, den antisemitischen Terror zurückweisen, bevor man gleich anfängt, zu erklären, was die Israelis vielleicht vorher gemacht haben. Das relativiert das Pogrom“, sagt er. Seine Position sei so durchaus nicht überall in seinem Verband akzeptiert, sagt Teerhoven.

Auch bei anderen Schwergewichten linker Bewegungstradition gibt es Diskussionsbedarf. Die Rote Hilfe hilft seit 1975 unter anderem politischen Gefangenen. Der Verein versteht sich als strömungsübergreifend. Am 11. Oktober beendete der Rote-Hilfe-Bundesverband die Unterstützung einer bereits länger laufenden Kampagne gegen die Ausweisung des Sprechers der Gruppe „Samidoun“. Die ging aus der „Volksfront zur Befreiung Palästinas“ hervor, ist in Deutschland vor allem in Berlin aktiv und marxistisch-leninistisch ausgerichtet. Am 7. Oktober hatten Samidoun-Anhänger den Hamas-Anschlag gefeiert und dazu in Neukölln Süßigkeiten verteilt. Der Bundesverband der Roten Hilfe schrieb: „Selbstverständlich gibt es auch bei uns Grenzen der Solidarität, wenn linke Grundprinzipien verletzt werden.“ Und: „Samidoun hat diese eindeutig verletzt.“

Die Berliner Ortsgruppe der Roten Hilfe aber stellte klar: Das Spendenkonto bleibt. Es sei nie nur für Samidoun gedacht gewesen, sondern „für alle Menschen, die auf Grund ihres linken Engagements für ein freies Palästina Repression erlitten“. Mit ihnen sei man weiterhin solidarisch. Denn: „Der internationalistische Kampf gegen Kolonialismus ist Teil des Kanons linker Politik“, so die Rote Hilfe in Berlin. Man verurteile die Bestrebungen, Samidoun zu verbieten.

Zur Palästina-Demo am 20. Oktober unter dem Motto „Decolonize. Against Oppression globally“ rief unter anderem die Gruppe „Palästina Spricht“ auf. „Heute ist ein revolutionärer Tag, auf den wir stolz sein können“ – mit diesen Worten hatte die Gruppe den Hamas-Terror kommentiert. Einen Tag später verbreitete die Gruppe Bilder mit Gleitschirmfliegern. Hamas-Kämpfer waren so unter anderem zu einem Musikfestival gelangt, wo sie 260 Feiernde ermordeten.

Eine Frau im roten Oberteil trägt ein Pappschild mit der Aufschrift “Free Palestine from german guilt”
Pro-Palästina-Demonstration mit antisemitischen Tönen am 21. Oktober in Berlin-NeuköllnFoto: Piotr Petrus

Am vergangen Samstag sammeln sich Menschen auf dem Berliner Oranienplatz, ziehen nach Neukölln. Immer wieder ertönt der Spruch „From the river to the sea“. Er steht dafür, dass mit einer „Befreiung“ Palästinas das Gebiet vom Jordan bis zum Mittelmeer gemeint ist – es also keinen Platz für einen jüdischen Staat Israel geben soll. Schon an der ersten Kreuzung beschlagnahmt die Polizei den Lautsprecherwagen.

Eine wichtige, neue Stimme in der Linken sind die Migrantifa-Gruppen. Sie entstanden nach dem Anschlag von Hanau im Februar 2020 in einer Reihe deutscher Städte, meist aus Ak­ti­vis­t:in­nen mit migrantischem Background. Das unterscheidet sie von den traditionellen Antifa-Gruppen, die oft sehr deutsch und weiß sind. Für deren Mitglieder stellte sich vielfach die Frage nach familiärer Verstrickung in die Shoah-Täterschaft. Nicht nur deshalb fühlen sich häufig Israel verpflichtet. Bei den Migrantifa-Gruppen ist das anders – was sich jedoch teils sehr unterschiedlich ausdrückt.

Die Migrantifa Rhein-Main etwa bejubelte die Hamas-Attacken: Palästina habe sich „verteidigt, indem es die koloniale, militärische Infrastruktur Israels erfolgreich angreift“, schreibt die Gruppe. Auch die Berliner Migrantifa steht klar auf der Seite der Palästinenser. Doch sie schrieb auch: „Wer Synagogen, jüdische Schulen oder Jü­d:in­nen auf der Straße angreift, ist ein feiges reaktionäres Schwein und steht nicht auf unserer Seite im Kampf gegen Rassismus.“

Aisha Jamal, Migrantifa Berlin
„Die Hamas-Attacken gehen auf 100 Jahre Kolonialisierung in Palästina zurück“

Während die Rhein-Main-Gruppe eine Interviewanfrage unbeantwortet lässt, erklärt sich die Berliner Migrantifa zu einem Gespräch bereit. „Wir sind keine Unterstützer der Hamas oder irgendeiner islamistischen Bewegung weltweit“, sagt die Sprecherin, eine junge Frau, die sich als Aisha Jamal vorstellt. „Der Islamismus ist nichts, was wir befürworten, sein Weltbild ist unvereinbar mit unserem. Wir glauben nicht, dass er eine Alternative für unsere Gesellschaften im Nahen Osten darstellt.“

Doch Jamal ist wütend darüber, dass die deutsche Öffentlichkeit nur dieses Bekenntnis interessiere. „Bevor man hier überhaupt existieren darf als rassifizierter Mensch, bevor man irgendwas zum Thema Palästina sagen darf, muss man sich von der Hamas distanzieren. Das finden wir falsch.“ Jamal nennt das Teil einer „rassistischen Diffamierung. Es ist ein extrem belastendes Klima, das gerade herrscht.“

Deutschland nehme dabei eine Sonderstellung ein. Weltweit habe es riesige Proteste gegeben, in Paris, in London hätten sich gar 100.000 Menschen versammelt. „Das war erlaubt. In Berlin aber war bis zum 20. Oktober jede Demo verboten.“ Menschen seien zusammengeprügelt worden, es gebe eine „massive Einschüchterung“, wegen der sich Menschen zum Teil kaum trauten, auf die Straße zu gehen. „Das ist auch ein enormes Risiko für Leute mit unsicherem Aufenthaltsrecht.“ Die Polizei hatte die Demoverbote damit begründet, dass auf vorigen Versammlungen gewaltverherrlichende Parolen gerufen wurden.

Jamal erzählt, dass die Gruppe seit zwei Jahren zu Solidaritätsbesuchen nach Palästina reist und befreundete Ak­ti­vis­t:in­nen von dort nach Berlin einlädt. Der jüngste Besuch war nach dem 7. Oktober. Im Netz hat die Gruppe Bilder gepostet, wie sie mit ihren palästinensischen Gästen vor dem Sowjetischen Ehrenmal in Berlin-Treptow posiert. In der Bildunterschrift ist die Rede von „palästinensischen und jüdischen Geschwistern, die nicht still sein wollen.“ Bei ihren Gästen hätte die Sorge um das eigene Leben und das der Angehörigen und Freunde dominiert, erzählt Jamal. Die Demoverbote seien als „ungerecht und erniedrigend“ empfunden worden. „Bei der Verabschiedung am Flughafen haben die palästinensischen Genossen gesagt: Fünfzig-fünfzig, dass wir uns je wiedersehen. Das ist das Gefühl gerade.“

Die Angriffe der Hamas, so Jamal, gingen zurück auf „100 Jahre Landraub und Kolonialisierung in Palästina“. Die Menschen würden ihres Landes, ihrer Kultur und Identität beraubt, das sei ein „Prozess massiver Gewalt und Vertreibung“. Doch wer diesen historischen Kontext benenne oder wer auf die Lage in Gaza aufmerksam mache, „wird sofort als Hamas-Unterstützer gesehen“. Dass es Schulen in Berlin auf Empfehlung der Bildungssenatorin frei steht, das Tragen der Kufiya, des Palästinensertuchs, zu verbieten, betrachtet sie als Skandal. „Letztlich verbieten sie, Palästinenser zu sein.“

Wie unterschiedlich der linke Blick auf die Lage in Gaza und Israel ausfällt, zeigt sich auch in den höheren Etagen des globalen Kunst- und Wissenschaftsbetriebs. An der Cornell University im US-Bundesstaat New York sprach der afroamerikanische Literaturwissenschafts-Professor Russell Rickford auf einer Kundgebung der Gruppe Jewish Voice for Peace. In den ersten Stunden nach der Hamas-Attacke hätten Tausende Palästinenser „zum ersten Mal seit Jahren wieder atmen können“, sagte Rickford in seiner Rede. Er zeigte Verständnis, dass Pa­läs­ti­nen­se­r*in­nen angesichts dieses „Herausforderns des Gewaltmonopols (…) erheitert“ und „erregt“ gewesen wären, das sei menschlich.

Rickfords wurde heftig kritisiert, entschuldigte sich. Die Unileitung beurlaubte ihn für den Rest des Semesters. Doch Tausende unterschrieben eine Petition gegen Entlassungsforderungen, es gab Soli-Demos, Kollegen veröffentlichten einen offenen Brief zu seiner Unterstützung. Einer von ihnen ist der Jude Eli Friedman, der an der Cornell University Arbeitswissenschaft lehrt. Russell sei „kein Antisemit“, sagt Friedman der wochentaz. Er habe vielmehr einen „prinzipientreuen Standpunkt gegen einen extremistischen, rechtsgerichteten Zionismus eingenommen, der den Völkermord am palästinensischen Volk will“.

Amin Husain sieht die Dinge ähnlich. Der palästinensisch-amerikanische Künstler und Professor an der New York University wird häufig zu internationalen Vorträgen eingeladen, etwa im Haus der Kulturen der Welt in Berlin. Husain ist Gründer der Initiative „Decolonize This Place“ (DTP). Die setzt sich nach eigenen Angaben für eine „Globalisierung der Intifada“ und gegen „kolonialistische Tendenzen“ in der Kunstwelt ein. In den Sozialen Medien folgen DTP Hunderttausende.

Am Tag der Hamas-Terrorattacke schreibt die Gruppe unter ein Video, auf dem Be­su­che­r:in­nen des überfallenen Musik-Festivals um ihr Leben rennen: „Soldaten und Siedler fliehen“. Unter den 38.000 Menschen, die auf „gefällt mir“ klicken oder die Bilder von DTP teilen, sind international bekannte Persönlichkeiten, wie die Influencerin Kimberly Drew, einst Social-Media-Chefin des Metropolitan Museum of Art in New York. Dann beschwört DTP den palästinensischen Widerstand, der „mit allen Mitteln“ erfolgen dürfe. Ein Foto in dem Post zeigt einen vermummten Hamas-Kämpfer neben einer älteren Israelin im Rollstuhl. Der Kommentar auf dem geteilten Bild: „Die Siedler-Oma scheint das nicht zu stören lmfao“. Die Abkürzung „lmfao“ ist im Internet als Ausdruck von Heiterkeit üblich. Wer „Dekolonialisierung“ so versteht wie DTP, meint das Ende Israels. Die Entmenschlichung ist Ausdruck eines linken Antisemitismus.

Eine Person wirft ihren Schatten auf ein Plakat, das sie trägt , beschrfitet mit “Ongoing Nakba”
Solidaritätsbekundungen mit Palästina am 21. Oktober in Berlin-NeuköllnFoto: Piotr Petrus

Amin Husain und eine weitere DTP-Mitgründerin erklären sich auf Anfrage zu einem Gespräch mit der taz bereit. Fast eine Stunde legen sie ihre Sicht dar, bestätigen die Positionen, die ihre Gruppe auf Instagram verbreitet. Später ziehen sie ihr Einverständnis zurück, wollen nicht zitiert werden.

Die Häme über die gefangene alte Frau im Rollstuhl gefällt über 34.000 Menschen. Auch bekannte Gesichter der internationalen Kunst-Elite tauchten auf: Eine feministische Kunsthistorikerin und Leiterin eines Museums an der US-Ostküste sowie eine der weltweit prominentesten internationalen Ausstellungskuratorinnen. Beide wiesen auf Anfrage ausdrücklich zurück, den Inhalt des Posts zu unterstützen, und löschten ihre Zustimmung danach.

Als der indigene US-Künstler Nicholas Galanin zwei Tage nach dem Terror-Anschlag den Instagram-Account des großen New Yorker „Public Art Fund“ übernehmen darf, empfiehlt er „Decolonize this place“ mit dem Worten: „Unsere Aufstände sind queer, trans, schwarz, braun, indigen, migrantisch, palästinensisch und global.“ Die Nachfrage der wochentaz, wie er den Widerspruch erklärt, dass die Hamas Queers mit dem Tod bedroht, beantwortet Galanin nicht.

Viele Linke in Israel sind dieser Tage enttäuscht von ihren internationalen MitstreiterInnen, darunter auch schärfste Kri­ti­ke­r:in­nen der Besatzungspolitik. So hatten beispielsweise die bekannten israelischen Friedensorganisationen Breaking the Silence und B’Tselem nach dem Angriff der Hamas mehrfach den Terror verurteilt und ihre Solidarität mit den Opfern ausgedrückt. Mit­strei­te­r:in­nen der Organisationen waren von den Angriffen direkt betroffen. In den südisraelischen Kibbuzim engagierten sich viele in der Friedensbewegung – und wurden ermordet. Ein Sprecher von B’Tselem bestätigt, dass ein ehemaliges Vorstandsmitglied, die 74-jährige Vivian Silver aus dem Kibbuz Beeri, vermutlich nach Gaza entführt wurde. Silver ist auch bei Women Wage Peace aktiv. Wie die Jüdische Allgemeine berichtet, gehört sie zu Freiwilligen, die seit Jahren kranke Kinder aus Gaza an der Grenze abholten und zur Behandlung in israelische Krankenhäuser fuhren.

Auch Yasmin, eine in Israel und Deutschland lebende Künstlerin, ist enttäuscht über die linke Szene. Sie kommt aus dem Punk, versteht sich als linksradikal, queer, feminististisch – und ist Jüdin. Mit ihrem echten Namen will sie nicht genannt werden. „Für mich ist die linke Kunstszene kein Safe Space“, sagt Yasmin. „Es gibt die aktuelle Situation und es gibt auch BDS.“ Die Kampagne Boycott, Divestment and Sanctions will, dass auch israelische Aka­de­mi­ke­r:in­nen und Künst­le­r:in­nen boykottiert werden – unabhängig von ihrer politischen Position.

„Wenn es um Antisemitismus geht, kann ich nicht auf Solidarität zählen“, sagt Yasmin. Das belaste sie. „Es ist eine alte Angst von Juden in der Diaspora: Dass der Freund und Nachbar dich fallen lässt.“ Auch sie sei in Israel gegen die Besatzungspolitik auf die Straße gegangen, ebenso wie gegen die rechtsradikale Regierung. Aber in der aktuellen Situation nun gegen „Dekolonialisierung“ zu demonstrieren? An vielen Stellen im Kunstbetrieb säßen heute Menschen, die postkolonial dächten – und dann für alle vermeintlich Unterdrückten gleichermaßen unkritisch Partei ergriffen. Yasmin nennt das „positiven Rassismus“. [(Positiv relativierten Rassismus.)]

Ein solches [(falsches)] Verständnis antiimperialistischen Befreiungskampfes sieht sie „nahe der Blut-und-Boden-Theorie“ des Faschismus. Die Hamas sei eine brutale islamistische Organisation, „die mich, die uns Juden töten will. Denen ist die Lösung des Konflikts nicht wichtig.“ Das müssten die Leute endlich verstehen.”

Quelle, vgl.: https://taz.de/Linker-Antisemitismus/!5966630/

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“Was gesagt werden muss
Von Beatrice Frasl”

Aus: Wiener Zeitung (WZ) online vom 27.10.23:

“Was soll man sagen, wenn Menschen, die sich selbst als „progressiv“ oder als „links“ bezeichnen, das Massaker der Hamas in Israel nicht verurteilen, sondern gutheißen?

„Vielleicht ist es ja so: Über den allgemein bekannten sieben Hautschichten hat der Mensch als achte Schicht eine Zivilisationshaut. Mit der kommt er nicht zur Welt. Die wächst ihm ab Geburt. Dicker oder dünner, je nachdem, wie sie gepflegt und gehegt wird. Versorgt man sie nicht gut, bleibt sie dünn und reißt schnell auf, und was aus den Rissen wuchert, könnte zu Folgen führen, von denen es dann betreten wieder einmal heißt: ‚Das hat doch niemand gewollt!“
Diese Worte stammen von Christine Nöstlinger – aus ihrer Rede im Rahmen der Gedenkveranstaltung zum 70. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Mauthausen.

Wie schreibt man weiter nach einem Zivilisationsbruch?
Was schreibt man, wenn es so viel zu sagen gibt, wenn sehr Vieles sehr dringend gesagt werden muss, aber einen die Sprachlosigkeit einholt?

Wozu sollen Worte überhaupt noch gut sein, nachdem eine islamistische Terrormiliz das größte Massaker an Jüdinnen und Juden seit dem Holocaust verübt hat? Was sagt man, wenn das, was mit „niemals wieder“ gemeint war, plötzlich Realität und Gegenwart ist?

Was sagt man, wenn Männer, berauscht von Hass, berauscht von einer faschistischen Ideologie und gedoped mit Captagon, massenmorden, massenvergewaltigen, foltern, Menschen bei lebendigem Leibe verstümmeln und verbrennen, Babys enthaupten, Holocaustüberlebende entführen?

Was sagt man, wenn die Unmenschlichkeit in einer Weise losbricht, die nicht in Worte zu fassen ist?

Was sagt man, wenn junge Frauen inmitten der Leichen ihrer Freundi:nnen vergewaltigt werden? Und wenn andere junge Frauen in Harvard und Stanford, in Berlin oder in Wien diese Form der sexualisierten Folter an Frauen, die sie selbst hätten sein können, feiern, in offenen Briefen, in Instagram-Posts und auf den Straßen europäischer Städte. Als dekolonialistischen Befreiungskampf.

Wenn Menschen sich unter Leichen von Freundinnen und Freunden totstellen, um nicht getötet zu werden?

Was sagt man, wenn antisemitischer Hass wieder losbricht, ungezügelt?
Was soll man überhaupt sagen und in welchen Worten, wenn Menschen, die sich selbst als „progressiv“ oder als „links“ bezeichnen, wenn Menschen, die sich selbst als Antifaschist:innen verstehen (was lustig wäre, wäre es nicht so unfassbar tragisch), dieses Massaker, dieses Pogrom, diesen unbeschreiblichen Ausbruch an Unmenschlichkeit, nicht verurteilen, sondern gutheißen. Was sagt man, wenn antisemitischer Hass wieder losbricht, ungezügelt? Auf Social Media, auf amerikanischen Campi, in den Straßen Europas?

Wenn jüdische Freund:innen in europäischen Städten (wieder) Angst haben, wenn Synagogen angegriffen und ihre Wohnungen mit Davidsternen markiert werden?

Wenn die Zivilisationshaut so weit aufgerissen wurde, dass keine Ansammlung von Wörtern auf dieser Welt als Pflaster reichen könnte?

Was gesagt werden muss:

Nach dem 7. Oktober 2023 wird nichts mehr sein, wie es davor war.

Was auch gesagt werden muss:

Wer über #metoo tweetet, dem aber nichts so recht einfallen mag, wenn Jüdinnen massenvergewaltigt werden, weil sie Jüdinnen sind, wer über Femizide schreibt, aber die Ermordung von Jüdinnen nicht so recht zu verurteilen vermag, der offenbart seinen Aktivismus als reine Performance. Als opportunistische Performance für Applaus aus der eigenen Bubble auf Social Media.

Die Hamas sind keine Freiheitskämpfer
Was gesagt werden muss und das in aller Deutlichkeit:

Die Hamas sind keine Freiheitskämpfer, ihr erklärtes Ziel ist die Elimination aller Juden und die Zerstörung Israels. Wer das nicht glaubt, sollte in ihrer Gründungscharta nachlesen. Nicht nur Judenhass, sondern auch brachialer Frauenhass und Homofeindlichkeit sind zentrale Kernelemente ihrer Ideologie.

Die Hamas ist außerdem bestens finanziert – unter anderem durch das Regime im Iran.

Die Hamas entzieht ihrer eigenen Bevölkerung humanitäre Hilfe, um aus diesen humanitären Hilfsgütern Kriegsmunition zu basteln, um Menschen abzuschlachten, in Israel und in Gaza. Indem sie beispielsweise Wasserrohre, die für die Wasserversorgung dieser Bevölkerung geliefert wurden, in Raketen umfunktioniert.

Die Hamas hat in ihrem antisemitischen Eliminationswahn nicht nur ein Massaker an 1.500 Jüdinnen und Juden verübt, sondern verübt aktuell eines an der eigenen Bevölkerung, die sie als Schutzschilder missbraucht. Die Hamas stationiert strategisch Munition, Militärstützpunkte unmittelbar bei Krankenhäusern, Schulen und anderen zivilen Einrichtungen. Die Ermordung möglichst vieler Zivilist:innen und das resultierende Framing von Juden als „Kindermörder“ (eine alte antisemitische Erzählung) ist Teil ihres Propagandakrieges gegen Israel.

Die Hamas versteht es meisterhaft, Wahrheiten zu verdrehen und sich aus Tätern zu Opfern zu stilisieren, mithilfe der nützlichen Idioten im Westen, die in klassischen und sozialen Medien ihre Lügen übernehmen.

Die Hamas baut ihre Strategie auf den Antisemitismus des Westens
Es ist schwer, noch Worte zu finden, wenn Medien wie die New York Times in Minutenschnelle Hamas-Propaganda über Push-Notifications in die Welt und auf Millionen Mobiltelefone sendet. (Ihr erinnert euch an das angeblich von Israel zerbombte Krankenhaus, das nie zerbombt wurde?) Und die Berichtigung dann nur von den wenigsten gelesen wird, denn, wenn eine Lüge erst in der Welt ist, ist sie aus dieser Welt auch nicht mehr hinauszukriegen. Vor allem, wenn es eine Lüge über Juden ist. „Antisemitismus ist das Gerücht über den Juden“ schrieb der deutsche Philosoph Theodor W. Adorno. Antisemitismus ist auch die Lüge über den Juden, die Verschwörungserzählung über den Juden. Und wir im Westen, wir schlingen die Lüge hinunter, denn 75 Jahre mussten wir so tun, als wären wir geläutert und als hätten wir ihn exorziert, den Judenhass. Wie gierig wir darauf gewartet haben, ihn wieder hinunterzuschlingen und dann unverdaut hinauszukotzen in unsere Social Media Feeds. Es macht sprachlos.

Was aber gesagt werden muss, ist, dass die Propaganda der Hamas deshalb so aufgeht, so erfolgreich ist, weil der Antisemitismus des Westens Teil ihrer Strategie ist.

Wir haben kollektiv versagt
Was gesagt werden muss:

Dass Antisemitismus auch 75 Jahre nach dem Holocaust immer noch nicht verstanden wird. Dass offenkundig gedacht wird, er sei „wie Rassismus“ oder eine Art von Rassismus oder einfach eine negative Meinung oder diskriminatorische Haltung gegenüber dem jüdischen Volk. Dass Antisemitismus aber viel eher eine Verschwörungserzählung über einen als übermächtig und böse imaginierten Gegner zu verstehen ist. Dass Antizionismus, in Form der Imagination von Israel als Kolonialmacht oder Apartheitsstaat etwa, eine Spielart genau dieser Verschwörungserzählung ist. Dass wir, wenn Antisemitismus 75 Jahre nach dem Holocaust immer noch nicht verstanden wird, kollektiv versagt haben.

Was soll man sagen, wenn Menschen, die sich selbst als „progressiv“ oder als „links“ bezeichnen, das Massaker der Hamas in Israel nicht verurteilen, sondern gutheißen?

„Vielleicht ist es ja so: Über den allgemein bekannten sieben Hautschichten hat der Mensch als achte Schicht eine Zivilisationshaut. Mit der kommt er nicht zur Welt. Die wächst ihm ab Geburt. Dicker oder dünner, je nachdem, wie sie gepflegt und gehegt wird. Versorgt man sie nicht gut, bleibt sie dünn und reißt schnell auf, und was aus den Rissen wuchert, könnte zu Folgen führen, von denen es dann betreten wieder einmal heißt: ‚Das hat doch niemand gewollt!“
Diese Worte stammen von Christine Nöstlinger – aus ihrer Rede im Rahmen der Gedenkveranstaltung zum 70. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Mauthausen.

Wie schreibt man weiter nach einem Zivilisationsbruch?
Was schreibt man, wenn es so viel zu sagen gibt, wenn sehr Vieles sehr dringend gesagt werden muss, aber einen die Sprachlosigkeit einholt?

Wozu sollen Worte überhaupt noch gut sein, nachdem eine islamistische Terrormiliz das größte Massaker an Jüdinnen und Juden seit dem Holocaust verübt hat? Was sagt man, wenn das, was mit „niemals wieder“ gemeint war, plötzlich Realität und Gegenwart ist?

Was sagt man, wenn Männer, berauscht von Hass, berauscht von einer faschistischen Ideologie und gedoped mit Captagon, massenmorden, massenvergewaltigen, foltern, Menschen bei lebendigem Leibe verstümmeln und verbrennen, Babys enthaupten, Holocaustüberlebende entführen?

Was sagt man, wenn die Unmenschlichkeit in einer Weise losbricht, die nicht in Worte zu fassen ist?

Was sagt man, wenn junge Frauen inmitten der Leichen ihrer Freundi:nnen vergewaltigt werden? Und wenn andere junge Frauen in Harvard und Stanford, in Berlin oder in Wien diese Form der sexualisierten Folter an Frauen, die sie selbst hätten sein können, feiern, in offenen Briefen, in Instagram-Posts und auf den Straßen europäischer Städte. Als dekolonialistischen Befreiungskampf.

Wenn Menschen sich unter Leichen von Freundinnen und Freunden totstellen, um nicht getötet zu werden?

Was sagt man, wenn antisemitischer Hass wieder losbricht, ungezügelt?
Was soll man überhaupt sagen und in welchen Worten, wenn Menschen, die sich selbst als „progressiv“ oder als „links“ bezeichnen, wenn Menschen, die sich selbst als Antifaschist:innen verstehen (was lustig wäre, wäre es nicht so unfassbar tragisch), dieses Massaker, dieses Pogrom, diesen unbeschreiblichen Ausbruch an Unmenschlichkeit, nicht verurteilen, sondern gutheißen. Was sagt man, wenn antisemitischer Hass wieder losbricht, ungezügelt? Auf Social Media, auf amerikanischen Campi, in den Straßen Europas?

Wenn jüdische Freund:innen in europäischen Städten (wieder) Angst haben, wenn Synagogen angegriffen und ihre Wohnungen mit Davidsternen markiert werden?

Wenn die Zivilisationshaut so weit aufgerissen wurde, dass keine Ansammlung von Wörtern auf dieser Welt als Pflaster reichen könnte?

Nach dem 7. Oktober 2023 wird nichts mehr sein, wie es davor war.
Was gesagt werden muss:

Nach dem 7. Oktober 2023 wird nichts mehr sein, wie es davor war.

Was auch gesagt werden muss:

Wer über #metoo tweetet, dem aber nichts so recht einfallen mag, wenn Jüdinnen massenvergewaltigt werden, weil sie Jüdinnen sind, wer über Femizide schreibt, aber die Ermordung von Jüdinnen nicht so recht zu verurteilen vermag, der offenbart seinen Aktivismus als reine Performance. Als opportunistische Performance für Applaus aus der eigenen Bubble auf Social Media.

Die Hamas sind keine Freiheitskämpfer
Was gesagt werden muss und das in aller Deutlichkeit:

Die Hamas sind keine Freiheitskämpfer, ihr erklärtes Ziel ist die Elimination aller Juden und die Zerstörung Israels. Wer das nicht glaubt, sollte in ihrer Gründungscharta nachlesen. Nicht nur Judenhass, sondern auch brachialer Frauenhass und Homofeindlichkeit sind zentrale Kernelemente ihrer Ideologie.

Die Hamas ist außerdem bestens finanziert – unter anderem durch das Regime im Iran.

Die Hamas entzieht ihrer eigenen Bevölkerung humanitäre Hilfe, um aus diesen humanitären Hilfsgütern Kriegsmunition zu basteln, um Menschen abzuschlachten, in Israel und in Gaza. Indem sie beispielsweise Wasserrohre, die für die Wasserversorgung dieser Bevölkerung geliefert wurden, in Raketen umfunktioniert.

Die Hamas hat in ihrem antisemitischen Eliminationswahn nicht nur ein Massaker an 1.500 Jüdinnen und Juden verübt, sondern verübt aktuell eines an der eigenen Bevölkerung, die sie als Schutzschilder missbraucht. Die Hamas stationiert strategisch Munition, Militärstützpunkte unmittelbar bei Krankenhäusern, Schulen und anderen zivilen Einrichtungen. Die Ermordung möglichst vieler Zivilist:innen und das resultierende Framing von Juden als „Kindermörder“ (eine alte antisemitische Erzählung) ist Teil ihres Propagandakrieges gegen Israel.

Die Hamas versteht es meisterhaft, Wahrheiten zu verdrehen und sich aus Tätern zu Opfern zu stilisieren, mithilfe der nützlichen Idioten im Westen, die in klassischen und sozialen Medien ihre Lügen übernehmen.

Die Hamas baut ihre Strategie auf den Antisemitismus des Westens

Es ist schwer, noch Worte zu finden, wenn Medien wie die New York Times in Minutenschnelle Hamas-Propaganda über Push-Notifications in die Welt und auf Millionen Mobiltelefone sendet. (Ihr erinnert euch an das angeblich von Israel zerbombte Krankenhaus, das nie zerbombt wurde?) Und die Berichtigung dann nur von den wenigsten gelesen wird, denn, wenn eine Lüge erst in der Welt ist, ist sie aus dieser Welt auch nicht mehr hinauszukriegen. Vor allem, wenn es eine Lüge über Juden ist. „Antisemitismus ist das Gerücht über den Juden“ schrieb der deutsche Philosoph Theodor W. Adorno. Antisemitismus ist auch die Lüge über den Juden, die Verschwörungserzählung über den Juden. Und wir im Westen, wir schlingen die Lüge hinunter, denn 75 Jahre mussten wir so tun, als wären wir geläutert und als hätten wir ihn exorziert, den Judenhass. Wie gierig wir darauf gewartet haben, ihn wieder hinunterzuschlingen und dann unverdaut hinauszukotzen in unsere Social Media Feeds. Es macht sprachlos.

Was aber gesagt werden muss, ist, dass die Propaganda der Hamas deshalb so aufgeht, so erfolgreich ist, weil der Antisemitismus des Westens Teil ihrer Strategie ist.

Wir haben kollektiv versagt

Was gesagt werden muss:

Dass Antisemitismus auch 75 Jahre nach dem Holocaust immer noch nicht verstanden wird. Dass offenkundig gedacht wird, er sei „wie Rassismus“ oder eine Art von Rassismus oder einfach eine negative Meinung oder diskriminatorische Haltung gegenüber dem jüdischen Volk. Dass Antisemitismus aber viel eher eine Verschwörungserzählung über einen als übermächtig und böse imaginierten Gegner zu verstehen ist. Dass Antizionismus, in Form der Imagination von Israel als Kolonialmacht oder Apartheitsstaat etwa, eine Spielart genau dieser Verschwörungserzählung ist. Dass wir, wenn Antisemitismus 75 Jahre nach dem Holocaust immer noch nicht verstanden wird, kollektiv versagt haben.

Immer wieder, auch hier, werden Kriege auf den Körpern von Frauen ausgetragen.
Was man auch sagen muss: Dass, und das zeigt sich auch im gegenwärtigen Moment, Judenhass und Frauenhass ideologische Brüder sind. Schwulenhass ist der dritte Bruder. Dass auch das viel zu wenig verstanden wird.

Dass auch hier Frauen besonders leiden unter dem Blutrausch von Männern. Dass immer wieder, auch hier, Kriege auf den Körpern von Frauen ausgetragen werden.

Was soll man sagen und in welchen Worten, wenn Professoren an Elite-Unis diesen antisemitischen Terror als „exhilarating“, also als „berauschend“, und als „energizing“, also „energetisierend“, bezeichnen, sich sichtlich und laut über ein Pogrom freuen? Was soll man zu den zahlreichen Social-Media-Aktivist:innen im deutschsprachigen und englischsprachigen Raum auf Instagram und TikTok sagen, die der Meinung waren, dass ein unvergleichliches Massaker mit „This is what decolonization looks like“ zusammengefasst werden kann. Oder zu jenen Influencerinnen, die keine zwei Sekunden Zeit hatten, das größte Massaker an Jüdinnen und Juden seit dem Zweiten Weltkrieg zu verurteilen, aber nach einem kurzen Satz, dass Antisemitismus eh voll schlimm sei, viele Sekunden Zeit hatten, für „ja, aber Israel ist sehr böse“, gespickt mit Hamas-Propagandasprache. Vor zigtausenden, hunderttausenden Menschen, die ihnen zujubelten, likten und teilten. Viele darunter, die man bis vor Kurzem für vernünftig hielt.
Da war noch so viel mehr Unbeschreibliches: der unsägliche Post von Greta Thunberg. Der von Black Lives Matter. Da waren die Briefe von amerikanischen Unis.

All das muss man sagen. All das muss man beschreiben. Über all das muss man schreiben, gegen all das muss man schreiben, immer und immer wieder, auch wenn die Worte immer und immer wieder ausgehen.

Es geht um Massenvergewaltigungen
Was soll man aber sagen und mit welchen Worten, wenn Frauen, manche von ihnen eigentlich noch Teenager, eigentlich noch Kinder, Blut zwischen den Beinen hinunterrinnt, wenn sie mit riesigen Blutflecken auf dem Hosenboden und völlig verstörtem, verlorenem Gesichtsausdruck durch Straßen getrieben werden und man nicht wissen müssen möchte, was man eigentlich weiß, nämlich dass das Blut das Ergebnis von brutalsten Massenvergewaltigungen ist. Wenn dann Politfluencerinnen in Wien, Politfluencerinnen, die noch vor ein paar Tagen irgendetwas mit #metoo und von Täter-Opfer-Umkehr in ihren Insta-Stories hatten, dieselben Politfluencerinnen, die tapfere Kämpfe gegen fettfeindliche Flugzeugsitze ausfechten und gegen cultural appropriation durch falsch verwendete Emojis, wenn diese Politfluencerinnen dann diesen Frauen und allen anderen, die zusehen, ausrichten, dass sie diese brutale Gewalt völlig zurecht trifft.
Was soll man sagen, wenn Menschen, die den Holocaust überlebt haben, 75 Jahre später verfolgt, gekidnappt, vertrieben, ermordet werden? Und die Nachkommen der Täter des Holocausts auf den Straßen von Berlin „Free Palestine from German guilt“ schreien.

Was soll man noch und in welchen Worten sagen angesichts dieser Verrohung, dieser Unmenschlichkeit?

Es gibt keine Worte in der deutschen Sprache, die groß und absolut genug wären, um diese Abgründe zu beschreiben.

Nichts davon werden wir vergessen
Was man aber trotzdem sagen muss:

Nichts davon werden wir vergessen. Wir werden eure „This is decolonization“- Posts nicht vergessen. Es wird nie wieder ein Wir geben mit euch. Es gibt keinen Weg zurück von hier. Ihr habt selbst, mit Hafermilch-Lattes in der einen und dem Smartphone in der anderen Hand, ohne Not, von euren beheizten Altbauwohnungen aus, mit euren pastellfarbenen Insta-Slides und euren verblödeten Slogans jeden zivilisatorischen Rahmen verlassen.

Ihr macht mich fassungslos.

Die Grenzenlosigkeit eurer moralischen Verwahrlosung ist nicht zu fassen. Die eurer Dummheit auch nicht.

Was soll man sagen, wenn Menschen, die sich selbst als „progressiv“ oder als „links“ bezeichnen, das Massaker der Hamas in Israel nicht verurteilen, sondern gutheißen?

„Vielleicht ist es ja so: Über den allgemein bekannten sieben Hautschichten hat der Mensch als achte Schicht eine Zivilisationshaut. Mit der kommt er nicht zur Welt. Die wächst ihm ab Geburt. Dicker oder dünner, je nachdem, wie sie gepflegt und gehegt wird. Versorgt man sie nicht gut, bleibt sie dünn und reißt schnell auf, und was aus den Rissen wuchert, könnte zu Folgen führen, von denen es dann betreten wieder einmal heißt: ‚Das hat doch niemand gewollt!“
Diese Worte stammen von Christine Nöstlinger – aus ihrer Rede im Rahmen der Gedenkveranstaltung zum 70. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Mauthausen.

Wie schreibt man weiter nach einem Zivilisationsbruch?
Was schreibt man, wenn es so viel zu sagen gibt, wenn sehr Vieles sehr dringend gesagt werden muss, aber einen die Sprachlosigkeit einholt?

Wozu sollen Worte überhaupt noch gut sein, nachdem eine islamistische Terrormiliz das größte Massaker an Jüdinnen und Juden seit dem Holocaust verübt hat? Was sagt man, wenn das, was mit „niemals wieder“ gemeint war, plötzlich Realität und Gegenwart ist?

Was sagt man, wenn Männer, berauscht von Hass, berauscht von einer faschistischen Ideologie und gedoped mit Captagon, massenmorden, massenvergewaltigen, foltern, Menschen bei lebendigem Leibe verstümmeln und verbrennen, Babys enthaupten, Holocaustüberlebende entführen?

Was sagt man, wenn die Unmenschlichkeit in einer Weise losbricht, die nicht in Worte zu fassen ist?

Was sagt man, wenn junge Frauen inmitten der Leichen ihrer Freundi:nnen vergewaltigt werden? Und wenn andere junge Frauen in Harvard und Stanford, in Berlin oder in Wien diese Form der sexualisierten Folter an Frauen, die sie selbst hätten sein können, feiern, in offenen Briefen, in Instagram-Posts und auf den Straßen europäischer Städte. Als dekolonialistischen Befreiungskampf.

Wenn Menschen sich unter Leichen von Freundinnen und Freunden totstellen, um nicht getötet zu werden?

Was sagt man, wenn antisemitischer Hass wieder losbricht, ungezügelt?
Was soll man überhaupt sagen und in welchen Worten, wenn Menschen, die sich selbst als „progressiv“ oder als „links“ bezeichnen, wenn Menschen, die sich selbst als Antifaschist:innen verstehen (was lustig wäre, wäre es nicht so unfassbar tragisch), dieses Massaker, dieses Pogrom, diesen unbeschreiblichen Ausbruch an Unmenschlichkeit, nicht verurteilen, sondern gutheißen. Was sagt man, wenn antisemitischer Hass wieder losbricht, ungezügelt? Auf Social Media, auf amerikanischen Campi, in den Straßen Europas?

Wenn jüdische Freund:innen in europäischen Städten (wieder) Angst haben, wenn Synagogen angegriffen und ihre Wohnungen mit Davidsternen markiert werden?

Wenn die Zivilisationshaut so weit aufgerissen wurde, dass keine Ansammlung von Wörtern auf dieser Welt als Pflaster reichen könnte?

Nach dem 7. Oktober 2023 wird nichts mehr sein, wie es davor war.
Was gesagt werden muss:

Nach dem 7. Oktober 2023 wird nichts mehr sein, wie es davor war.

Was auch gesagt werden muss:

Wer über #metoo tweetet, dem aber nichts so recht einfallen mag, wenn Jüdinnen massenvergewaltigt werden, weil sie Jüdinnen sind, wer über Femizide schreibt, aber die Ermordung von Jüdinnen nicht so recht zu verurteilen vermag, der offenbart seinen Aktivismus als reine Performance. Als opportunistische Performance für Applaus aus der eigenen Bubble auf Social Media.

Die Hamas sind keine Freiheitskämpfer
Was gesagt werden muss und das in aller Deutlichkeit:

Die Hamas sind keine Freiheitskämpfer, ihr erklärtes Ziel ist die Elimination aller Juden und die Zerstörung Israels. Wer das nicht glaubt, sollte in ihrer Gründungscharta nachlesen. Nicht nur Judenhass, sondern auch brachialer Frauenhass und Homofeindlichkeit sind zentrale Kernelemente ihrer Ideologie.

Die Hamas ist außerdem bestens finanziert – unter anderem durch das Regime im Iran.

Die Hamas entzieht ihrer eigenen Bevölkerung humanitäre Hilfe, um aus diesen humanitären Hilfsgütern Kriegsmunition zu basteln, um Menschen abzuschlachten, in Israel und in Gaza. Indem sie beispielsweise Wasserrohre, die für die Wasserversorgung dieser Bevölkerung geliefert wurden, in Raketen umfunktioniert.

Die Hamas hat in ihrem antisemitischen Eliminationswahn nicht nur ein Massaker an 1.500 Jüdinnen und Juden verübt, sondern verübt aktuell eines an der eigenen Bevölkerung, die sie als Schutzschilder missbraucht. Die Hamas stationiert strategisch Munition, Militärstützpunkte unmittelbar bei Krankenhäusern, Schulen und anderen zivilen Einrichtungen. Die Ermordung möglichst vieler Zivilist:innen und das resultierende Framing von Juden als „Kindermörder“ (eine alte antisemitische Erzählung) ist Teil ihres Propagandakrieges gegen Israel.

Die Hamas versteht es meisterhaft, Wahrheiten zu verdrehen und sich aus Tätern zu Opfern zu stilisieren, mithilfe der nützlichen Idioten im Westen, die in klassischen und sozialen Medien ihre Lügen übernehmen.

Die Hamas baut ihre Strategie auf den Antisemitismus des Westens
Es ist schwer, noch Worte zu finden, wenn Medien wie die New York Times in Minutenschnelle Hamas-Propaganda über Push-Notifications in die Welt und auf Millionen Mobiltelefone sendet. (Ihr erinnert euch an das angeblich von Israel zerbombte Krankenhaus, das nie zerbombt wurde?) Und die Berichtigung dann nur von den wenigsten gelesen wird, denn, wenn eine Lüge erst in der Welt ist, ist sie aus dieser Welt auch nicht mehr hinauszukriegen. Vor allem, wenn es eine Lüge über Juden ist. „Antisemitismus ist das Gerücht über den Juden“ schrieb der deutsche Philosoph Theodor W. Adorno. Antisemitismus ist auch die Lüge über den Juden, die Verschwörungserzählung über den Juden. Und wir im Westen, wir schlingen die Lüge hinunter, denn 75 Jahre mussten wir so tun, als wären wir geläutert und als hätten wir ihn exorziert, den Judenhass. Wie gierig wir darauf gewartet haben, ihn wieder hinunterzuschlingen und dann unverdaut hinauszukotzen in unsere Social Media Feeds. Es macht sprachlos.

Was aber gesagt werden muss, ist, dass die Propaganda der Hamas deshalb so aufgeht, so erfolgreich ist, weil der Antisemitismus des Westens Teil ihrer Strategie ist.

Wir haben kollektiv versagt
Was gesagt werden muss:

Dass Antisemitismus auch 75 Jahre nach dem Holocaust immer noch nicht verstanden wird. Dass offenkundig gedacht wird, er sei „wie Rassismus“ oder eine Art von Rassismus oder einfach eine negative Meinung oder diskriminatorische Haltung gegenüber dem jüdischen Volk. Dass Antisemitismus aber viel eher eine Verschwörungserzählung über einen als übermächtig und böse imaginierten Gegner zu verstehen ist. Dass Antizionismus, in Form der Imagination von Israel als Kolonialmacht oder Apartheitsstaat etwa, eine Spielart genau dieser Verschwörungserzählung ist. Dass wir, wenn Antisemitismus 75 Jahre nach dem Holocaust immer noch nicht verstanden wird, kollektiv versagt haben.

Immer wieder, auch hier, werden Kriege auf den Körpern von Frauen ausgetragen.
Was man auch sagen muss: Dass, und das zeigt sich auch im gegenwärtigen Moment, Judenhass und Frauenhass ideologische Brüder sind. Schwulenhass ist der dritte Bruder. Dass auch das viel zu wenig verstanden wird.

Dass auch hier Frauen besonders leiden unter dem Blutrausch von Männern. Dass immer wieder, auch hier, Kriege auf den Körpern von Frauen ausgetragen werden.

Was soll man sagen und in welchen Worten, wenn Professoren an Elite-Unis diesen antisemitischen Terror als „exhilarating“, also als „berauschend“, und als „energizing“, also „energetisierend“, bezeichnen, sich sichtlich und laut über ein Pogrom freuen? Was soll man zu den zahlreichen Social-Media-Aktivist:innen im deutschsprachigen und englischsprachigen Raum auf Instagram und TikTok sagen, die der Meinung waren, dass ein unvergleichliches Massaker mit „This is what decolonization looks like“ zusammengefasst werden kann. Oder zu jenen Influencerinnen, die keine zwei Sekunden Zeit hatten, das größte Massaker an Jüdinnen und Juden seit dem Zweiten Weltkrieg zu verurteilen, aber nach einem kurzen Satz, dass Antisemitismus eh voll schlimm sei, viele Sekunden Zeit hatten, für „ja, aber Israel ist sehr böse“, gespickt mit Hamas-Propagandasprache. Vor zigtausenden, hunderttausenden Menschen, die ihnen zujubelten, likten und teilten. Viele darunter, die man bis vor Kurzem für vernünftig hielt.
Da war noch so viel mehr Unbeschreibliches: der unsägliche Post von Greta Thunberg. Der von Black Lives Matter. Da waren die Briefe von amerikanischen Unis.

All das muss man sagen. All das muss man beschreiben. Über all das muss man schreiben, gegen all das muss man schreiben, immer und immer wieder, auch wenn die Worte immer und immer wieder ausgehen.

Es geht um Massenvergewaltigungen
Was soll man aber sagen und mit welchen Worten, wenn Frauen, manche von ihnen eigentlich noch Teenager, eigentlich noch Kinder, Blut zwischen den Beinen hinunterrinnt, wenn sie mit riesigen Blutflecken auf dem Hosenboden und völlig verstörtem, verlorenem Gesichtsausdruck durch Straßen getrieben werden und man nicht wissen müssen möchte, was man eigentlich weiß, nämlich dass das Blut das Ergebnis von brutalsten Massenvergewaltigungen ist. Wenn dann Politfluencerinnen in Wien, Politfluencerinnen, die noch vor ein paar Tagen irgendetwas mit #metoo und von Täter-Opfer-Umkehr in ihren Insta-Stories hatten, dieselben Politfluencerinnen, die tapfere Kämpfe gegen fettfeindliche Flugzeugsitze ausfechten und gegen cultural appropriation durch falsch verwendete Emojis, wenn diese Politfluencerinnen dann diesen Frauen und allen anderen, die zusehen, ausrichten, dass sie diese brutale Gewalt völlig zurecht trifft.
Was soll man sagen, wenn Menschen, die den Holocaust überlebt haben, 75 Jahre später verfolgt, gekidnappt, vertrieben, ermordet werden? Und die Nachkommen der Täter des Holocausts auf den Straßen von Berlin „Free Palestine from German guilt“ schreien.

Was soll man noch und in welchen Worten sagen angesichts dieser Verrohung, dieser Unmenschlichkeit?

Es gibt keine Worte in der deutschen Sprache, die groß und absolut genug wären, um diese Abgründe zu beschreiben.

Nichts davon werden wir vergessen
Was man aber trotzdem sagen muss:

Nichts davon werden wir vergessen. Wir werden eure „This is decolonization“- Posts nicht vergessen. Es wird nie wieder ein Wir geben mit euch. Es gibt keinen Weg zurück von hier. Ihr habt selbst, mit Hafermilch-Lattes in der einen und dem Smartphone in der anderen Hand, ohne Not, von euren beheizten Altbauwohnungen aus, mit euren pastellfarbenen Insta-Slides und euren verblödeten Slogans jeden zivilisatorischen Rahmen verlassen.

Ihr macht mich fassungslos.

Die Grenzenlosigkeit eurer moralischen Verwahrlosung ist nicht zu fassen. Die eurer Dummheit auch nicht.

Die Grenzenlosigkeit eurer moralischen Verwahrlosung ist nicht zu fassen.

Was man auch sagen muss:

Nichts davon ist ein Zufall.

Die Unfähigkeit der postmodernen Linken, Antisemitismus zu erkennen oder sich von ihm abzugrenzen, ist kein Zufall und kein Unfall, da sie selbst strukturell antisemitisch ist.

Es ist kein Zufall und kein Unfall, dass Judith Butler die Mörderbanden der Hamas und der Hisbollah schon 2006 als Teil der „progressiven Linken“ bezeichnete. Es ist kein Zufall und kein Unfall, wie Antisemitismus aktuell in Form von vulgär-postkolonialistischem Antizionismus hervorbricht, der Jüdinnen und Juden zu kolonialistischen weißen Unterdrückern umdeutet.

All das hat mit dem ideologischen Überbau aktueller postmoderner social-justice-Bewegungen zu tun. Mit Theorien und Pseudotheorien und Glaubensinhalten, die sich als progressiv verkaufen und sich das zu allem Überdruss auch selbst glauben, aber zutiefst regressiv, antiemanzipatorisch und autoritär sind. All das wird jetzt sichtbarer als je zuvor.

Was gesagt werden muss:

Dass es notwendig ist, genau hinzusehen, welche Ideologien es sind, die ihre Anhänger:innen dazu bringen, Massenmord an Jüdinnen und Juden zu feiern oder die es ihnen nicht möglich machen, diesen klar zu verurteilen.

Gefährliche Ideologien

Ideologien, die ihre Anhänger:innen dazu bringen, Massenmord zu feiern oder die es ihnen unmöglich macht, ihn zu verurteilen, sind gefährliche Ideologien.

Was gesagt werden muss:
Dass dieser ideologische Überbau eine unheilige Allianz eingeht mit der Memefizierung von Politik. Dass es ganze Generationen gibt, die nichts über den sogenannten Nahost-Konflikt wissen als #freepalestine als Meme.

In den letzten Jahren wurde linker, auch feministischer Aktivismus auf allen Fronten in allen Themenbereichen auf eine Art und Weise instasharepicverblödet und veroberflächlicht, dass er in weiten Teilen zu inkohärentem und inhärent widersprüchlichem Geschwurbel wurde. Slogans auf pastellfarbigen Info-Slides und die gleichzeitige Anspruchshaltung, dass sie nun auf Kommando alle unreflektiert mitzugrölen haben, ist alles, was man an Inhalt zustande bringt. Völlige Abwesenheit jedweder kritischen Denkfähigkeit, verbunden mit #isupportthecurrentthing-Mitläufertum (egal, was dieses current thing ist), wurde zum Inbegriff des linken Aktivismus. Und im Notfall faschiert man und vermengt man alles, bis unten nur mehr Scheiße rauskommt.

Postmoderne Verblödung
Den Gipfel dieser Form der postmodernen Verblödung bildeten wohl jene Frauen auf einer antisemitischen Pro-Hamas-Demo in Berlin, die dort doch tatsächlich „Jin, Jiyan, Azadî,“ skandierten, den Ruf der feministischen Widerstandsbewegung gegen das iranische Regime. Jenes Regime, das einer der wesentlichsten Geldgeber und Verbündeten der Hamas ist.

Dann tauchte aber noch ein anderer Gipfel auf, nämlich jener der Demonstrant:innen auf einer anderen Demo in Berlin, die dort allen Ernstes „Free Palestine from German guilt“ schrien, nahtlos anschließend an die rechtsextreme Schuldkult-Rhetorik. Sie, die Annikas, Stefans und Sabines, deren Großeltern diese „german guilt“, diese deutsche Schuld, überhaupt erst zu verantworten haben.

Es ist offenbar ein ganzes Gebirge an moralischer Verwahrlosung, Antisemitismus und Dummheit und jedes Mal, wenn man glaubt, man hat das Schlimmste gesehen, taucht ein neuer Gipfel auf.

All das muss gesagt werden, von Menschen, die es, anders als ich, vermögen, durch die eigene Fassungslosigkeit durchzuschreiben.

Und dann muss noch viel mehr gesagt werden, von Menschen, die das besser können als ich. Und besser sortiert.

Aber das möchte ich noch sagen:

Viele der Nachrichten, die ich in den letzten Tagen von Freund:innen erhalten habe, klingen nach. Von „Ich hätte nie gedacht, dass ich ein Pogrom miterleben werde“ über „Die Leute wissen nicht, was sie anrichten und wie sehr wir Angst haben“ über viele verschiedene Varianten von „Wie soll man sich mit Menschen einen Planeten teilen, die zu so einer Verrohung imstande sind“ und „ich bin fassungslos“ bis hin zu „Wir dürfen uns den Universalismus nicht nehmen lassen“.

Wir dürfen uns den Universalismus nicht nehmen lassen.

Wir dürfen uns den Humanismus nicht nehmen lassen von der Verrohung.

Wir dürfen uns die Wahrheit nicht nehmen lassen von der Lüge. Auch nicht von der Auslassung oder von der Halbwahrheit. Oder von der ideologischen Verdrehung.

Wir dürfen uns das Rückgrat nicht nehmen lassen, das es braucht, um die Wahrheit auszusprechen.

Wir dürfen uns die Freiheit nicht nehmen lassen. Wir dürfen nicht zulassen, dass die Zivilisationshaut noch weiter aufreißt.

Niemals wieder dürfen wir das. Nie wieder.

Beatrice Frasl schreibt alle zwei Wochen eine Kolumne zum Thema Feminismus.”

Quelle, vgl.: https://www.wienerzeitung.at/a/beatrice-frasl-was-gesagt-werden-muss

+++

“Frauenhass der Hamas
Vergewaltigung und Mord als Marketing-Strategie”
Aus: Süddeutsche Zeitung (SZ), vom 30.10.23
Vgl.: https://www.sueddeutsche.de/kultur/hamas-vergewaltigung-israel-frauen-hass-marketing-1.6294827
Siehe: https://archive.ph/JHRZ9

+++

“Antisemitismus bekämpfen!
31. Oktober 2023

Am 7.Oktober ermordeten Angreifer*innen unter dem Befehl der Hamas über 1000 Zivilist*innen weil sie Jüd*innen waren oder von den Angreifer*innen dafür gehalten wurden.

Dieser brutale, menschenverachtende, antisemitische Massenmord hat nicht nur Bestürzung, sondern auch Jubel hervorgerufen.
Und zwar nicht nur in Nazikneipen, sondern auch auf der Sonnenallee feierten dutzende Leute die Morde und verhöhnten die Toten, in dem sie Süßigkeiten verteilten. Es kann nie richtig sein, den Tod von Unschuldigen zu feiern, und wer den Mord an Unschuldigen feiert, weil diese jüdisch sind, ist eindeutig Antisemit.

Doch damit hört es leider nicht auf. Auch einige linke Gruppen, die zwar nicht feierten, schrieben in den Folgetagen Statements, in denen sie das wahllose Ermorden zur legitimen Widerstandshandlung verklärten und/oder die Hamas zwar als konservativ, nicht aber als antisemitisch verurteilten. Wer solche Positionen vertritt, kann nicht als Gegner*in des Antisemitismus gelten!

Teilweise wird das Morden sogar damit gerechtfertigt dass die Toten “Siedler” gewesen seien oder Wehrdienst geleistet hätten. Der erste Punkt ist ganz einfach falsch, die angegriffenen Kibbutzim existierten teilweise sogar länger als der Staat Israel. Der zweite Punkt ist eine unfassbare Schuldumkehr, schließlich sind unbewaffnete Leute die eventuell irgendwann einmal Wehrdienst geleistet haben, keine aktiven Soldaten.
Doch solche Rechtfertigungen zeigen, wie tief Antisemitismus, bzw. das Bedürfnis Verbrechen an jüdischen Menschen zu relativieren, in der Gesellschaft verankert ist.

Es ist und bleibt eine unserer zentralen Aufgaben als Antifaschist*innen, Antisemitismus immer und überall klar zu benennen und ihm entschlossen entgegenzutreten!

Klare Kante gegen Antisemitismus!
North East Antifa, Oktober 2023”

Quelle: NEA Berlin
Siehe: https://antifa-nordost.org/13893/antisemitismus-bekaempfen/

×××

Nicht zu vergessen die Schreie: “Palästina bis zum Sieg”… . Und was dann? “Endsieg”?!?
Es ist niemals vorbei.
Kein Vergeben, kein Vergessen.
Never again.

Zuletzt aktualisiert am 31.10.23.